Konflikt zwischen Albanern und Serben im Kosovo

Bis ins Mittelalter reichen die Wurzeln für diesen ethnischen Konflikt zurück. Nach der Eskalation 1989, dem militärischen Eingreifen der NATO 1999 und dem Zerfall Jugoslawiens ist lange Zeit keine Ruhe eingekehrt in dem Landstrich, auf dem weder Serben noch Albaner eine richtige Heimat finden können.
Mit der Autonomieerklärung des Kosovo am 17. Februar 2008 begann ein Prozess Richtung Frieden.
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Beginn - Ursachen - Konfliktparteien - Verlauf - Ausblick - Quellen

Beginn:

Im Jahre 1989


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Ursachen:

Die Wurzeln des Kosovo-Konflikts reichen weit ins Mittelalter zurück: In der berühmten Schlacht auf dem Amselfeld (Kosovo Polje) im Jahr 1389 musste das slawische Volk eine vernichtende Niederlage gegen die Türken einstecken. Die Folge: Die Serben wurden aus dem Gebiet, das ihnen Jahrhunderte lang gehört hatte, vertrieben. Das Kosovo gehörte fortan wie auch Mazedonien und Albanien zum Osmanischen Reich, einem Vielvölkerstaat; dieser zerbrach 1912, als Montenegro, Griechenland, Serbien und Bulgarien den Türken den Krieg erklärten. Im Friedensvertrag von London wurde 1913 das Kosovo zwischen Serbien und Montenegro aufgeteilt. Albanien wurde selbstständig, Mazedonien ging an Serbien.

Nach der Gründung Jugoslawiens im Jahr 1918 kam das Kosovo ganz zu Serbien.

1974 gewährte Jugoslawien unter dem kommunistischen Staatschef Josip Broz Tito dem Kosovo umfangreiche politische, wirtschaftliche und kulturelle Autonomierechte.

Im Jahr 1989 hoben die Serben unter Milosevic den Status des Kosovo als autonome Republik auf, 1990 lösten sie das Regionalparlament auf. Seither sind die Albaner im Kosovo in eine Lage gebracht worden, die fatal an ihre Situation im Vorkriegsjugoslawien erinnerte. Bis Mitte der 90er Jahre wurden die Albaner diskriminiert. 1995 war die albanische Mehrheit fast vollständig aus dem öffentlichen Leben verdrängt. So wurden fast alle Lehrstellen und Posten in Krankenhäusern und der staatlichen Verwaltung mit Serben besetzt.


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Konfliktparteien und ihre Ziele:

Der Konflikt besteht zwischen den Albanern und den Serben, die jeweils 77,4 % bzw. 13,2 % der Bevölkerung im Kosovo ausmachen. Das waren nach dem Zweiten Weltkrieg etwa 700.000 Albaner und 300.000 Serben. Bis März 1998 hat sich die Zahl der Albaner auf 1,8 Millionen mehr als verdoppelt, die der Serben halbiert.

Die Kosovo-Albaner:

Die Albaner möchten das Kosovo mit weitgehender Autonomie für sich von Serbien loslösen. Dazu schufen sie einen Schattenstaat mit einer Regierung, gebildet aus der Demokratischen Liga des Kosovo (LDK) mit Präsident Ibrahim Rugova an der Spitze. Sie schufen ein eigenes Bildungswesen, eine von Serbien unabhängige Wirtschaft und ein eigenes Gesundheitswesen.

Daneben agiert eine Befreiungsarmee Kosovo UCK (= Ushtria Clirimtare e Kosoves) mit Anschlägen auf serbische Einrichtungen und Staatsdiener.

Die Serben:

Die serbische Staatsregierung (die "Bundesrepublik Jugoslawien") möchte das Kosovo in ihrem Staatsgebiet - mit serbischer Dominanz - behalten. Sie lehnte bislang jede Autonomie für die Kosovo-Albaner ab.


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Verlauf:

Im März 1989 kam es zu Massendemonstrationen mit mindestens 24 Todesfällen. Daraufhin marschierte ein Jahr später die Nationale Volksarmee ein, verjagte die albanische Führung mit der Begründung, sie unterdrückte die serbische Minderheit,  und besetzte die Region. Eine Verfassungs-Revision, die von der jugoslawischen Regierung eingesetzt wurde, erlaubte den Serben nach und nach wieder die Kontrolle über Polizei und Justiz in Kosovo aufzunehmen.

Eine eigene Regierung unter der Führung des Arztes Bujar Bukosi, die das von Serbien verbotene albanische Parlament in Pristina am 91-10-21 ausgerufen hatte, wurde umgehend von der albanischen Staatsführung anerkannt. 1993 allerdings distanzierte sich die albanische Regierung ausdrücklich von den serbischen Aktionen im Kosovo. Details

März 1998: Erneute Eskalation

Eine leichte Entspannung zeichnete sich Ende März 1998 ab. Der jugoslawische Ministerpräsident Slobodan Milosovic war bereit, an einem "bedingungslosen" Dialog über den künftigen Status des Kosovo teilzunehmen. Der Abzug der letzten serbischen Sondereinheiten aus dem Kosovo wurde in Aussicht gestellt. Ein Erziehungsabkommen wurde unterzeichnet, das den Albanern unter anderem eigene Universitäten garantierte.

Doch daraus wurde nichts. 98-03-19 kam es zu heftigen Zusammenstößen zwischen Albanern und Serben in der Provinzhauptstadt Pristina mit mehreren Verletzten. Mehr als 100.000 Serben und Montenegriner demonstrierten gegen "albanischen Separatismus".

Nach dem Aufflammen des Konflikts im März 1998 zeigte sich auch die NATO besorgt über die Eskalation der Gewalt. Doch blieb es zunächst bei verbalen Bekundungen. Nach dem Scheitern einer Vermittlungsmission des britischen Außenministers Robin Cook drohte die amerikanische Regierung "schwerste Konsequenzen" an, Sanktionen gegen Belgrad wurden wieder in Kraft gesetzt. Der russische Außenminister Jewgeni Primakow forderte eine "breiteres Selbstbestimmungsrecht" für die albanische Bevölkerungsmehrheit, sprach sich aber deutlich für einen Verbleib des Kosovo bei Serbien aus (98-03-18).

Jugoslawien hatte sich jede Einmischung verboten (98-03-11). Der jugoslawische Staatspräsident Slobodan Milosevic weigerte sich am 27. März 1998, den US-Unterhändler zu empfangen und lehnte auch ein Gespräch am Runden Tisch ab.

Gefährlich war die Situation auch noch deshalb, weil in dem angrenzenden Makedonien eine albanische Minderheit lebte, die sich ebenfalls unterdrückt fühlte. Albanien selbst wollte auch nicht tatenlos zusehen, wenn Serbien die Kosovo-Albaner weiterhin so unterdrückte. Und offen war auch, wie sich die Türkei verhalten würde, wenn es auf dem Balkan zu einem Krieg käme.

Ende März kam es zu Wahlen in der völkerrechtlich nicht anerkannten "Republik Kosovo." Rund 1,1 Millionen wahlberechtigte Kosovo-Albaner wählten in Privathäusern und Schulen aus 12 Parteien und einigen unabhängigen Kandidaten ein neues Parlament. Zwar bezeichnete die serbische Regierung diese Abstimmung als illegal, behinderte sie aber nicht.

Juni und Juli 1998: Erneute Zuspitzung

Anfang Juni spitzte sich die Lage im Kosovo zu: Die Serben kesselten Dörfer ein und zerstörten sie offenbar. Dies führte zu einer Fluchtwelle der Kosovo-Albaner in das benachbarte Albanien, das ärmste Land Europas. Die meisten der Flüchtlinge waren Frauen, Kinder und ältere Menschen. Viele der Vertriebenen hielten sich jedoch noch im Kosovo auf. Angesichts der immer größeren Härte der serbischen Regierung forderten der damalige deutsche Außenminister Klaus Kinkel und die USA weitere Sanktionen gegen Belgrad. Gedacht wurde an einen Stop der Auslandsinvestitionen in Jugoslawien und das Einfrieren jugoslawischer Vermögen im Ausland.

Die NATO drohte Jugoslawien mit massiven Luftangriffen, sollte Belgrad das Blutvergießen im Kosovo nicht umgehend beenden. Bei ihrer Frühjahrstagung in Brüssel beschlossen am 98-06-11 die 16 Verteidigungsminister nach Auskunft einer Delegationssprecherin Luftmanöver über Albanien und Mazedonien. Dazu bedurfte es keines UN-Mandats.

Der russische Präsident Boris Jelzin hatte am 98-06-17 seinen jugoslawischen Kollegen Slobodan Milosevic auf Kompromisskurs in der Kosovo-Krise bringen können. Milosevic erklärte sich zur weitgehenden Erfüllung der Forderungen der Balkan-Kontaktgruppe bereit. Danach sollte es keine Gewalt mehr gegen Zivilisten geben und die Flüchtlinge könnten zurückkehren. Die NATO hatte Milosevic mit Luftanschlägen gedroht, falls die internationalen Forderungen zu Beilegung der Krise in der südserbischen Provinz nicht sofort erfüllt würden. Außerdem sollten das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, das UN-Flüchtlingshilfswerk und Diplomaten volle Bewegungsfreiheit im Kosovo erhalten.

Anfang Juli 1998 spitzte sich die Lage im Kosovo zu. Serbische Sondereinheiten von Polizei und Armee lieferten sich mit albanischen Freischärlern erneut heftige Kämpfe westlich der Provinzhauptstadt Pristina. Der Belgrader Sender B92 meldete, den Serben sei es gelungen die albanischen Untergrundkämpfer aus zwei umkämpften Dörfern zu vertreiben. Viele Einwohner seien geflohen. Der staatliche serbische Rundfunk in Belgrad berichtete, dass serbische Polizeikräfte in einer großangelegten Aktion die von Albanern besetzten Kohlengruben Belacevac zurückerobert hätten. Nach der Niederlage der UCK im Kohlerevier Belacevac hatten sich mehrere hundert Kämpfer der Untergrundorganisation zu einem Gegenschlag formiert.

Für ein militärisches Eingreifen der NATO im Kosovo war kein Mandat des UN-Sicherheitsrates in Sicht.

Am 98-07-06 zeichnete sich eine Entspannung ab. US-Vermittler Holbrook erreichte, dass sich diplomatische Beobachter vor Ort ein Bild machen konnten. Rußland war dabei mit im Boot, allerdings war Moskau weiterhin strikt gegen ein militärisches Eingreifen der NATO.

Experten rechneten damit, dass die Auseinandersetzungen im Kosovo zu einem gewaltigen regionalen Krieg eskalieren könnten. Obwohl die Grenze zwischen dem Kosovo und Nordalbanien von serbischen Truppen abgeriegelt wurde, operierte die albanische "Befreiungsarmee" UCK von dort aus ungehindert, da im gebirgigen Norden Albaniens De-Facto-Anarchie herrschte und die albanische Staatsmacht so gut wie nicht präsent war. Albaniens Ministerpräsident Fatos Nano sprach bereits von einem drohenden Krieg mit dem serbisch dominierten Jugoslawien.

Bislang folgten die Kosovo-Albaner konsequent der Parole ihres Untergrundpräsidenten Ibrahim Rugova, der eine militärische Gegenwehr strikt ablehnte. Doch angesichts von mindestens 300 Toten und rund 65.000 Flüchtlingen, die das Vorgehen der Serben seit März 1998 gefordert hatte, griffen immer mehr Kosovo-Albaner zu den Waffen. Die Stärke der UCK wurde nun mit 12.000 Mann angegeben. Und es bestand die Annahme, dass sie es innerhalb kürzester Zeit schaffen könnte 20.000 bis 30.000 Mann zu werben. Denn es gab genügend Menschen, die nichts mehr zu verlieren hatten. Die UCK stockte dann ihre Bestände auf: Seit Plünderungen der Waffendepots in Albanien war etwa eine halbe Million halbautomatischer Waffen in privaten Händen.

Um die Kosovo-Krise zu lösen, wurde am 98-09-23 die Resolution 1199 verabschiedet. Der UN-Sicherheitsrat verlangte von Jugoslawien:
- den Abzug der in den Kosovo verlegten Bundestruppen und Landespolizei-Einheiten,
- die sofortige Einstellung der Kämpfe gegen die Untergrundarmee UCK,
- unbeschränkten Zugang der Hilfsorganisationen zu den Flüchtlingen,
- Verhandlungen über die Erneuerung der Selbstverwaltungen für die Kosovo-Albaner, die ihnen 1989 genommen wurde.

Der jugoslawische Präsident Milosevic verweigerte die Erfüllung der Bedingungen. Deshalb drohte die NATO mehrmals mit einem Militäranschlag gegen Jugoslawien.
Am Montag, den 98-10-12, hatten sich die 16 NATO-Staaten über die rechtlichen Grundlagen verständigt. Diese Grundlage war die Resolution 1199. Russland und China meinten aber, dass diese Resolution nicht ausreichen würde. Sie hielten ein UNO-Mandat für notwendig und legten aus diesem Grund ihr Veto ein.

Die UNO setzte auf eine Doppelstrategie aus militärischem Druck und Verhandlungen. So bemühte sich der US-Vermittler Holbrooke in einem Verhandlungsmarathon (in den Tagen bis zum 98-10-12 verhandelte er über 50 Stunden mit Milosevic) um eine diplomatische Lösung . Am 98-10-13 erließ der NATO-Rat den Aktivierungsbefehl. Dadurch konnte der NATO-Oberbefehlshaber Clark zusammen mit dem NATO-Generalsekretär Solana über einen Angriff entscheiden. Der NATO-Rat gab Milosevic vier Tage Zeit um die UNO-Resolution zu erfüllen. Später wurde das Ultimatum um zehn Tage bis zum 27. Oktober verlängert.

Milosevic hatte sich dem militärischen Druck gebeugt und akzeptierte die OSZE-Mission. Hierbei schickte die OSZE 2000 internationale Beobachter in den Kosovo, die vom Boden aus das Ende der jugoslawischen und serbischen Militäraktionen überwachen sollten. Ihre Sicherheit wurde von der jugoslawischen Führung garantiert. Zusätzlich wurde die Einhaltung des Abkommens aus der Luft beobachtet. Die Sanktionen gegen Jugoslawien blieben weiterhin in Kraft.

Holbrooke blieb aber trotzdem skeptisch: "Lassen Sie uns nicht von einem Triumph sprechen, solange nichts Bedeutsames für die Menschen in Kosovo geschehen ist." Und auch ein Vertreter der Kosovo-Albaner äußerte Zweifel. Die UCK forderte weiter die Unabhängigkeit des Kosovo.
Nachdem am 98-10-16 mit dem Truppenabzug begonnen wurde, traf am 98-10-17 die erste OSZE-Gruppe ein.

Am späten Samstag des 17. Oktobers eskalierte die Lage im Kosovo, als bei einem Überfall albanischer Untergrundkämpfer der UCK drei serbische Polizisten getötet und 17 weitere Personen verletzt worden waren. Zwei Tage später hatte die jugoslawische Armee ungeachtet des NATO-Einsatzbefehls eine Vergeltungsoffensive gestartet.

Die Lage entspannte sich wieder, als kurz vor Ablauf des Ultimatums (98-10-27 um 20 Uhr) sich die 16 NATO-Botschafter darauf einigten, keine Luftangriffe gegen Jugoslawien zu führen. Nach wochenlangem Druck auf Milosewic war die NATO nun im Wesentlichen mit dem Truppenabzug zufrieden.

Nachdem die Serben ihre Truppen zum größten Teil abgezogen hatten, besetzten am 98-10-30 Kosovo-Befreiungskämpfer der UCK die von den Serben verlassenen Stützpunkte. Die US-Regierung warnte die UCK vor der Ausnutzung des Abzuges der Serben und der damit verbundenen Gefährdung des Waffenstillstandes.

Von den 2.000 erwarteten OSZE-Beobachtern waren vor Weihnachten 1998 erst 600 eingetroffen.
Das Waffenstillstandabkommen vom 18. Oktober wurde gebrochen, als es am 21. Dezember zu erneuten blutigen Auseinandersetzungen zwischen der serbischen Polizei und den albanischen Untergrundkämpfern kam. Nachdem ein serbischer Polizist erschossen wurde, hatte Anfang Januar (99-01-09) die UCK acht serbische Soldaten verschleppt, die nach Verhandlungen mit Vertretern der OSZE zwei Wochen später freigelassen wurden. Im Gegenzug wurden neun - im Dezember 1998 gefangengenommene - UCK-Kämpfer frei gelassen.

15. Januar 1999: in Racak, einem Dorf 50 km südlich von Pristina, wurden etwa 40 Leichen gefunden. Der OSZE-Missionschef William Walker machte die serbischen Sicherheitskräfte für das Massaker verantwortlich. So ging die Meldung in die Weltpresse. Die Regierungen in den USA, England und Deutschland reagierten mit Entsetzen.

Später wurde geklärt, dass es sich nicht um ein Massaker an wehrlosen Zivilisten gehandelt hat, sondern um die Opfer eines Gefechtes zwischen UCK-Kämpfern und serbischem Militär in der Nacht zuvor. Einige Journalisten kamen zu der Auffassung, dass die UCK die 40 Leichen so arrangiert hatte, um ein Massaker vorzutäuschen. (Quellen: 1,2)

Walker wurde damals aufgefordert Jugoslawien binnen 48 Stunden zu verlassen, am 19. Januar wurde ihm ein 24-stündiger Aufschub gewährt. Am gleichen Tag drohte die NATO Jugoslawien mit einem Militärschlag. Am 29. Januar wurde ein neues Ultimatum gestellt und beide Kriegsparteien aufgefordert, die Friedensverhandlungen sofort aufzunehmen. Bei einem Treffen mit Bundeskanzler Schröder (1999-02-01) verstärkte NATO-Generalsekretär Solana, der den Aktivierungsbefehl für den NATO-Truppeneinsatz im Kosovo jederzeit erteilen konnte, seine Drohung gegen Jugoslawien. Während dessen gingen die Kämpfe im Kosovo weiter.

Die Standpunkte ausländischer Regierungen:

Die europäischen Länder hatten zu dem Konflikt uneinheitliche Meinungen. Italien wollte keine Sanktionen gegen Serbien, Russland betrachtete den Kosovo-Konflikt als innerjugoslawisches Problem und wollte einen Eingriff von außen vermeiden. Frankreich - traditionell serbenfreundlich - lehnte eine harte Linie gegenüber Belgrad ab (98-03-11).

Aus der Bundesrepublik Deutschland wurden nach wie vor Menschen in den Kosovo abgeschoben ("zurückgeführt"). Das Bundesinnenministerium ließ verlauten, es gebe bisher keinen Hinweis, dass Abgeschobenen irgend etwas passieren könne. Bayern schob vornehmlich nach Belgrad ab, nicht in die Provinzhauptstadt Pristina, weil es dort zu gefährlich sei (98-03-11).

Oktober 98: Damit die serbische Regierung die UNO-Resolution 1199 erfüllte, übte der Westen militärischen Druck auf Jugoslawien aus. Die NATO-Generäle Clark und Naumann bekamen einen Aktivierungsbefehl für die Luftstreitkräfte. Die Regierungen in Bonn, Paris und London riefen ihre Staatsbürger zur Ausreise auf (98-10-07).

Die Friedenskonferenz von Rambouillet und ihr Scheitern

Am 99-02-06 begann im Schloß Rambouillet bei Paris die Kosovo-Friedenskonferenz. Es trafen sich Vertreter der Serben mit Vertretern der Kosovo-Albaner (UCK), die erst unter internationalen Druck die Erlaubnis der serbischen Behörden zur Ausreise bekamen, um eine dauerhafte Lösung des Kosovo-Konflikts zu erreichen. Die Verhandlungen, deren Zeitrahmen mehrmals verlängert wurde, wurden von Luftangriffsdrohungen der NATO begleitet. Umstritten blieb die Stationierung einer NATO-Friedenstruppe zur Absicherung des Friedensabkommens, was von den Serben abgelehnt wurde.

Währenddessen gingen die Kämpfe in Kosovo weiter: nahe Prizren seien am 99-02-21 drei Kosovo-Albaner erschossen aufgefunden worden. Etwa 4.000 Kosovo-Albaner flohen nach UN-Angaben wegen der Kämpfe der letzten Tage aus ihren Dörfern (99-03-03). Bei einem Überfall auf ein Kaffeehaus in Pristina wurden ein Gast getötet und sechs weitere Menschen verletzt.

Am 99-03-02 trat der Vertreter der UCK, Demaci, zurück. Er lehnte den Plan der UCK, das Friedensabkommen zu unterzeichen, ab. Nach langem Hin und Her wollte die Delegation der Kosovo-Albaner den Friedensplan unterzeichnen. Dies wurde am Tag der Wiederaufnahme der Friedensgespräche (99-03-15) bekannt. Damit wurden die Serben unter Druck gesetzt, denn in diesem Fall - die Kosovo-Albaner unterzeichneten, die Serben nicht - gebe es Luftangriffe auf Serbien. Zuvor appellierten der englische und der deutsche Außenminister Cook bzw. Fischer an beide Konfliktparteien, die Kämpfe zu beenden und den Friedensplan anzuerkennen. Außerdem wurde kontinuierlich mit NATO-Luftangriffen gedroht.

Am 99-03-18 unterschrieb die Delegation der Kosovo-Albaner den Friedensvertrag. Trotz intensiver Verhandlungen verweigerte die serbische Partei die Unterschrift. Auch persönliche Bemühungen des US-Unterhändlers Holbrooke bei Präsident Milosovic blieben erfolglos. Daraufhin wurden ab dem 23. März 1999 wurden UN-Beobachter und Botschaftsangehörige aus Jugoslawien abgezogen.

Vom 24. März bis zum 10. Juni 1999 führte die NATO einen

Krieg gegen Jugoslawien

(Auf dieser Sonderseite sind der Verlauf und die Bilanz des Krieges aufgeführt.)

Das Kosovo nach dem Krieg

Juli 1999 Nach dem Abzug der Serben aus dem Kosovo kehrten die 91.000 Kosovaren, die ins sichere Ausland gebrachten worden waren, wieder ins Kosovo zurück, da man anders als nach dem Krieg in Bosnien die Lage, laut des Bundesbeauftragten Koschnik, lange nicht so kritisch einschätzte. Zur Gewährleistung ziviler als auch politischer Sicherheit setzte man die Kfor-Truppe ein.

In Belgrad wurde der Ruf nach dem Rücktritt des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic und nach Reformen im Lande immer laut. Der Verband der unabhängigen Gewerkschaften forderte Milosevic zum Amtsverzicht auf. Viele Menschen versammelten sich zu friedlichen Protesten, die teilweise von der Opposition organisiert wurden. Auch das Ausland kritisierte den jugoslawischen Präsidenten, der russische Ministerpräsident gab ihm eine "erhebliche Mitschuld an den Ereignissen in Jugoslawien". Weiter kritisierte Russland die Ermordung und Vertreibung von Kosovo-Albanern durch Serben.

Slobodan Milosevic versuchte dem politischen Druck zu entgehen, in dem er die Regierung umbildete. Dadurch sollten alle vertretenen Parteien an der Regierung beteiligt sein und damit zur "Stärkung der Volkseinheit" beitragen.

Ende Juli 1999 Installation der KFOR (Kosovo Force), einer Friedenstruppe der NATO, legitimiert durch die UN-Resolution 1244, 50.000 Mann stark.

Das Kosovo wurde in fünf militärische Verantwortungsbereiche aufgeteilt. Für den südlichen ist die Bundeswehr verantwortlich. Ihr Feldlager wurde am Stadtrand von Prizren errichtet; die zentrale Verwaltung aller Kfor-Soldaten erfolgt aus Pristina.

Deren Aufgabe gestaltete sich schwieriger als vorerst angenommen, denn wie das UN-Flüchtlingswerk berichtete, waren bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal die Hälfte aller Soldaten vor Ort. Somit konnten diese auch nicht ihren Aufgaben nachkommen, weiter auch nicht den Aufbau einer zivilen Verwaltung fördern. Diese Handlungsunfähigkeit schaffte im Kosovo einen rechtsfreien Raum, in dem Plünderungen, Brandstiftungen und auch immer mehr Gewalttaten verübt wurden.

Das deutsche Kabinett beschloss die Entsendung 210 Polizeibeamter in das Kosovo. Sie sollten die Rückkehr der Vertriebenen sichern und am Aufbau einer an demokratischen Standards orientierten kosovo-albanischen Polizei mitwirken.

30. Juli 1999 Der gemäßigte Führer der Kosovo-Albaner, Ibrahim Rugova, kehrte nach drei Monaten Exil in Italien nach Pristina zurück. Es hieß, er wolle seine Aufgabe als Präsident der Kosovo-Albaner wieder erfüllen und beim Aufbauprozess im Kosovo eine Rolle spielen.
6. 0ktober 1999 Kfor hat eine serbische Straßenblockade auf der wichtigsten Ost-West-Straße im Kosovo beseitigt. Als Reaktion auf den Einsatz der Kfor brachen die Serben in Kosovo Polje den Kontakt zu Kfor und den Vereinten Nationen ab. Weiterhin gab es Zusammenstöße zwischen Albanern und Serben.
18. September 2000 Nach erneuten Zusammenstößen zwischen Serben und Kfor-Soldaten fand ein Treffen des NATO-Generalsekretär George Robertson und weiterer NATO-Gesandte statt. Ihr Ziel war sich ein Bild von der Arbeit der Friedensmission zu machen.

Kfor-Sprecher Roland Lavoie berichtete, dass seit dem Einmarsch der Friedenstruppen im Juni 268 Menschen ermordet worden. Weiter gab es 912 Fälle von Brandstiftung und 965 Plüderungen seit dem 12. Juni. Die Sicherheit besserte sich aber kontinuierlich.

19. Oktober 2000 Im Kosovo hat sich der Spieß umgedreht: Nun sind die Albaner die Verfolger und die Serben die Gejagten. So ist der Kosovo zwei Jahre nach der Befreiung: Die Kosovaren nehmen grausame Rache an den Serben und an anderen Minderheiten. Die zivile UN-Verwaltung sowie die internationalen Kfor-Truppen können dem Treiben kaum Einhalt gebieten.
30. Oktober 2000 Die Albaner im Kosovo machten die Kommunalwahl mit sehr hoher Wahlbeteiligung zum inoffiziellen Votum über die Unabhängigkeit und zum Unabhängigkeitsreferendum.
Mit einer massiven und friedlichen Wahlbeteiligung haben sie nach der Ansicht der internationalen Friedenshelfer den Grundstein für eine Demokratie im Kosovo gelegt, die zunächst aber nur in den 30 Kommunen beginnen soll. Doch die Forderungen von Wählern und Politikern nach einem eigenen Staat werden zunehmend lauter.

Mit Vojislav Kostunica als neuem jugoslawischen Präsidenten in Belgrad und einer Stärkung der moderaten Parteien im Kosovo scheint neue Gewalt unwahrscheinlicher. Mit schnellen Schritten soll jetzt der Aufbau demokratischer Institutionen im Kosovo vorangetrieben werden. Damit haben die Kosovo-Albaner gute Chancen, im Jahr 2001 die von ihnen geforderten, provinzweiten Wahlen zu bekommen.

Von 2002 bis 2004 wurde die KFOR-Truppe auf ca. 18.000 Mann reduziert.

17. bis 19. März 2004 Neue Gewaltwelle, ausgelöst durch den Mord an einem 18-jährigen serbischen Medizinstudenten in dem Dorf Caglavica südlich von Prishtina. In der Folge kam es zu Demonstrationen in Mitrovica, Belgrad, Nis und Sombor, die zu gewalttätigen Ausschreitungen führten. 

Bilanz: 22 Ausschreitungen, 21 Tote, 1.000 Verletzte, 58 KFOR-Verwundete, 4.000 Obdachlose, 600 zerstörte Wohnhäuser, 21 beschädigte Kirchen. (Quelle: iap Nr. 11 Nov. 2004)

Die NATO-Friedenstruppe wurde um mehrere hundert Soldaten aus Großbritannien, Frankreich, Italien, Österreich und Deutschland verstärkt.

23. Oktober 2004 Wahlen zum zweiten Übergangsparlament. Serbischer Wahlboykott - nur 1.600 der ca. 200.000 Stimmberechtigten gingen wählen. Sieg der "Demokratischen Liga" des seit 1990 amtierenden Präsidenten Ibrahim Rugova mit 45,3 % der abgegebenen Stimmen (Weitere: PDK 28,7 %, AAK 8,3 %). (Quelle: iap Nr. 11 vom Nov. 2004)
29. Oktober 2006 In Serbien wurde eine Verfassung angenommen, die die Provinz als Teil Serbiens festschreibt. 96,5 Prozent der 6,6 Millionen Stimmberechtigten haben sich für die Verfassung ausgesprochen - allerdings betrug die Wahlbeteiligung nur 54, 2 Prozent. Die albanische Mehrheit im Kosovo war nicht wahlberechtigt. Die oppositionelle Liberale Partei sprach von Wahlbetrug.

Autonomie für das Kosovo?

Am 17. Februar 2008 erklärte sich das Kosovo zu einer unabhängigen Nation. Serbien protestierte scharf gegen diese seiner Meinung nach völkerrechtswidrige Loslösung.

Bereits Mitte März 2008 anerkannten Kroatien und Ungarn das Kosovo als unabhängigen Staat. Damit haben einen Monat nach der Unabhängigkeitserklärung mehr als 30 Staaten das Kosovo anerkannt.


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Ausblick

Auch nach fünf Jahren NATO-Einsatz und UN-Verwaltung war das Kosovo nicht friedlich geworden, zu tief ist der Hass zwischen Albanern und Serben verwurzelt. Die Staatsverwaltung funktionierte nicht richtig, eine geregelte Müllabfuhr war nicht vorhanden, Strom gab es nur stundenweise, einer ausufernden Kriminalität wurde nicht richtig begegnet. Albanische Extremisten beherrschten das Land, die zurückgekehrten Serben wurden nicht richtig geschützt.

Nach der Autonomieerklärung vom Februar 2008 herrschte verständlicherweise große Freude bei den Kosovaren, und Ministerpräsident Hashim Thaci meinte, das Kosovo werde nie wieder eine Provinz Serbiens werden. Als erste anerkennten die USA und Großbritannien das Kosovo als neuen Staat, während Russland Serbien unterstützte. Selbst wenn die UNO und weitere Staaten das Kosovo völkerrechtlich anerkennen, ist der Staat aus sich heraus nicht existenzfähig. 16.000 Kfor-Soldaten sorgten auch 2008 noch für Ruhe und Ordnung. Die EU sowie die Schweiz, Norwegen und Türkei wollen den Aufbau einer Zivilverwaltung und eines Rechtsstaates unterstützen (Unternehmen "Eulex").

Der multinationale Truppeneinsatz nähert sich langsam dem Ende. Mitte 2010 waren nur noch knapp 10.000 Soldaten aus 32 Ländern im Kosovo stationiert. Aber immer mehr Aufgaben werden an die kosovarischen Sicherheitskräfte übertragen. Das 650 Mann starke Einsatzbataillon der Bundeswehr wurde im Frühjahr 2010 aufgelöst; nur noch eine Kompanie mit 120 Mann lebt im Feldlager bei Prizren.

Der Weg des Kosovo Richtung Demokratie geht nicht voran. Der Konflilkt zwischen dem fast nur noch von Albanern bewohnten Kosovo und dem Nachbarstaat Serbien, der das Kosovo für sich beansprucht, ist ungelöst. Eulex, die Rechtsstaatsmission, halbierte ihre Mitarbeiter von 1.600 auf 800. In dem Rahmenabkommen zwischen Serbien und dem Kosovo vom April 2013 - konkretisiert im August 2015 - wurden Maßnahmen beschlossen, die bis heute (2016) nicht relisiert wurden. Im einzelnen:


Beginn - Ursachen - Konfliktparteien - Verlauf - Ausblick - Quellen

Quellen

Aktuell `92 - 250 000 Daten zu Themen unserer Zeit. Harenberg Lexikon-Verlag
Aktuell `97 - 250 000 Daten zu Themen unserer Zeit. Harenberg Lexikon-Verlag
BHE - Bd. 12 - Mannheim: 1990

Becker, Peter: Krieg gegen Jugoslawien (Kosovo): Was ist passiert? (Internet: ialana.de/fileadmin/.../Krieg_gegen_Jugoslawien-IALANA.pdf, gelesen 2010-05-28)

Dingemann, Rüdiger: Westermann Lexikon Krisenherde der Welt. Konflikte und Kriege seit 1945. Braunschweig 1996

E-Mail von Thomas Leopold vom 2003-07-03,
(1) Fax von Mladen Jovasevic vom 2010-05-02

IAP 4/97, S. 8; 10/98, S.6; 11/2004, S. 5

Haller Tagblatt, 1997-11-29, 1998-03-02, 03-04, 03-06, 03-07, 03-11, 03-13, 03-18, 03-20, 03-23, 03-28, 04-07, 07-06, 09-23, 09-24, 09-25, 09-26, 09-29, 10-02, 10-05, 10-06, 10-08, 10-09, 10-13, 10-15, 10-17, 10-19, 10-26, 10-27, 10-28, 12-22, 12-28, 12-29, 12-31,
1999-01-16, 01-19, 01-22, 01-23, 01-25, 01-26, 01-28, 01-30, 02-01, 02-02, 02-03, 02-04, 02-05, 02-06, 02-12, 02-09, 02-13, 02-16, 02-18, 02-19, 02-20, 02-22, 02-23, 02-24, 02-25, 02-27, 03-02, 03-03, 03-04, 03-09, 03-11, 03-14, 03-15, von 03-17 bis 06-10,
2004-03-19 und -20, 
2006-10-31
2008-02-18, -03-20
2010-09-02
2016-08-11

(2) MONITOR-Sendung vom 08. Februar 2001. Text im Internet: www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/.../racak.html

(3) Razumovsky, Dorothea: Chaos Jugoslawien. Orig.-Ausg.-Piper 1991

Rühe: Konflikte im Kosovo mit Druck auf Belgrad verhindern. EMP-Elektronische Medien Produktions- und Beratungsgesellschaft



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Stand: 16-10-14
Letzter Bearbeiter: J. Gierich
Ursprungsautorin: Ayse Karaismailoglu
Frühere Bearbeiter: Nardane Burgaz  (1996/97), A. W., J. G. (1997/98), Gracia Gawelczyk / Carolin Offenhäuser, J. G.  (1998/99), Carola Mack und Julia Schneider (2002), J. Gierich (2004), Yvonne Rieger (2005)
Grafik: "Unsere Erde" von Rudas & Karig (Verlag Markt & Technik)
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