Bürgerkrieg in Afghanistan

Informationen über den Bürgerkrieg in Afghanistan, der zunächst als beendet betrachtet wurde, als die USA im Auftrag der NATO im Kampf gegen den Terror Osama bin Ladens das Taliban-Regime beendeten.
Aber leider ist das Land danach nicht zur Ruhe gekommen.
Afghanistan-Karte

Beginn - Ursachen - Konfliktparteien - Verlauf - Folgen - Quellen

Beginn:

Der Beginn ist nicht auf ein genaues Datum festzulegen, da ein Krieg in den anderen übergeht. Rüdiger Dingemann datiert auf 1979, als russische Truppen ins Land kamen. Andere Quellen nennen das Jahr 1989 - nach dem Abzug der sowjetischen Truppen.


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Ursachen:

Die Ursachen sind vielfältig und liegen teilweise sehr weit zurück. Afghanistan ist schon lange Spielball regionaler und internationaler Interessen, die in einer krisengeschüttelten Region ausgetragen werden. Seit der Kolonialzeit werden hier Stellvertreterkriege geführt, mit offener und verdeckter Einmischung der unterschiedlichsten Parteien. Sowohl Länder wie Pakistan, Iran, Tadschikistan und andere umliegende Nationen, also auch internationale Großmächte wie die USA und Russland bzw. die ehemalige Sowjetunion haben hier durch wechselnde Unterstützung verschiedener Gruppierungen ein Durcheinander ohnegleichen geschaffen. Die wechselnde Vertretung wirtschaftlicher und politischer Interessen sind heute meistens verdeckt, was dazu führt, dass es danach aussieht, als ob jede Gruppierung nur ihre eigenen Interessen vertritt.


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Konfliktparteien:

Drei größere bewaffnete politische Gruppen kämpften gegeneinander um die Kontrolle über die Territorien.

Ziele der Konfliktparteien:

Die Ziele der einzelnen Gruppierungen waren zunächst die Herrschaft über das gesamte Land und der Sieg über die Gegner. Die ideologischen Vorstellungen über das spätere Machtgefüge reichten vom säkularen General Dostum bis zu den theokratischen Taliban-Milizen, die beispielsweise den Frauen und Mädchen weder erlauben zur Schule zu gehen noch berufstätig zu sein.


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Verlauf des Konfliktes:

1973 Ende der Monarchie. General Daud stürzte König Sahir und rief die Republik aus.
1978/79 General Daud wurde vom Kommunisten Taraki gestrürzt, der 1979 dem Putsch von Amin zum Opfer fiel.
1979-88 Die Sowjetunion intervenierte. Von 1979 bis zum sowjetischen Truppenabzug am 15. Mai 1988 herrschte Krieg. Danach gingen die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Mudjaheddin weiter.
1989 Am 15. Februar zogen die Sowjets ab.
Dies hatte einen jahrelangen Kampf der einzelnen Parteien zu Folge, wobei die kommunistischen Parteien immer mehr an Einfluss verlor.
1992 Durch die Machtübernahme der Mudschaheddin am 28. April endete die Herrschaft der kommunistischen afghanischen Regierung, die Unruhen konnten jedoch nicht beigelegt werden.
1994 Im Herbst begannen die Taliban, die sich als Vorhut eines islamischen Gottesstaates verstehen, den Süden und Südwesten des Landes zu erobern. Somit hatten sie innerhalb kurzer Zeit fast die Hälfte Afghanistans erobert. Nach mehreren Anläufen gelang es ihnen auch Herat, das im Westen des Landes liegt, einzunehmen.
Den Truppen des Präsidenten Rabbani gelang es jedoch die Taliban zurückzuschlagen, die einen Vormarsch auf die Hauptstadt Kabul schon geplant hatten.
1996 Am 27. September eroberten die Taliban endgültig Kabul. Die bisher verfeindeten Parteien Afghanistans verbündeten sich und führten den Kampf gegen die Taliban im Norden der Hauptstadt weiter.
Taliban-Chef Mullah Mohamad Omar setzte eine sechsköpfige Übergangsregierung ein. In einer Erklärung Omar hieß es, Afghanistan sei ein islamischer Staat, in dem ein umfassendes islamisches System durchgesetz werde.
Bei der Eroberung der durch die jahrelangen Kämpfe zu mehr als zwei Dritteln zerstörten Hauptstadt kam es zu schweren Straßenschlachten und zahlreichen Hinrichtungen von politischen Gegnern.
1997 Seit dem 26. Mai hatten die radikalislamischen Taliban nach dreijährigen Kämfen ihre Herrschaft auf ganz Afghanistan ausgedehnt. Damit wurde das Land zum ersten Mal nach Einmarsch der sowjetischen Truppen wieder von einer Zentralregierung regiert.
1998 Nach der Tötung von iranischen Diplomaten durch die radikal-islamische Taliban-Miliz beim Vormarsch in den Norden von Afghanistan verschärfte sich der Konflikt zwischen Afghanistan und dem Iran. Bei Massenkundgebungen im ganzen Land forderten Millionen von Iranern einen "heiligen Krieg". Iran massierte an der Grenze zu Afghanistan eine Armee von 270.000 Soldaten. Teheran unterstützte die Anti-Taliban-Allianz im Norden von Afghanistan, die die Hauptstadt Kabul mit Raketen beschoss, während die Taliban, die 90 Prozent des Landes beherrschten, Hilfe von Sudi-Arabien, Pakistan und von den Arabischen Emiraten erhielten.Im Juli eroberten die Taliban die Provinz Farjab. Etwa einen Monat später, also Mitte August, übernahmen die Talibankämpfer die Kontrolle in den Städten Mazar-i-Sharif und Taloqan. Mit der Eroberung der letzten strategisch wichtigen Hochburgen der Nordallianz beherrschten die Taliban nun 26 der 30 afghanischen Provinzen.
Nachdem die Taliban im Norden Afghanistans acht iranische Diplomaten und einen Journalisten ermordeten, verschärfte sich Ende September der nationale Konflikt. Es wurde ebenfalls eine Hochburg der vom Iran unterstützten schiitischen Militz Hisb-i-Whadat erobert, was zu einer Erhöhung der Anzahl von iranischen Soldaten an der Grenze zu Afghanistan führte.
1999 Am 3. Mai griff die Nordallianz die Hauptstadt Kabul mit Raketen an und brach damit den seit drei Monaten geltenden Waffenstillstand. Dieser Angriff führte wieder zu heftigen Kämpfen zwischen den Taliban und der Nordallianz.
2000 In Afghanistan versuchten die radikalislamischen Taliban, die fast das ganze Land beherrschten, nun auch den Norden vollständig zu erobern. Es kam zu heftigen Kämpfen zwischen den Taliban und den Milizin der Nordallianz unter Führung von Ahmed Schah Massud.Seit Anfang September flohen etwa 100.000 Menschen vor den Kämpfen zwischen Nordallianz und Taliban.
2001 Die Vereinten Nationen warfen den in Afghanistan herrschenden Taliban Massaker an der Zivilbevölkerung vor. Taliban-Kämpfer sollten nach Gefechten mit Milizen des oppositionellen Ahmed Schah Massud die Stadt Yakaw überrannt und dabei mehr als 100 Zivilisten massakriert haben. Das von der UNO verhängte Waffenembargo und weitere Sanktionen waren inzwischen in Kraft getreten.Der UN-Sicherheitsrat schickte Anfang August Beobachter in die Nachbarländer Afghanistans, um das Taliban-Regime zu überwachen. Dies war eine Folge der Sanktionen, mit denen der Sicherheitsrat im November 1999 die Taliban belegte, um die Überstellung des Terroristen Osama bin Laden zu erzwingen.
Am 6. August entführten die Taliban 24 Mitarbeiter der Shelter-Now-Hilfsorganisation, darunter vier Deutsche. Ihnen wurde christliche Missionierung vorgeworfen. Den ausländischen Shelter-Now-Mitarbeitern drohte eine Haftstrafe bis zu 30 Jahren, den afghanischen Mitarbeitern der Tod.

11. SEPTEMBER - DER ANSCHLAG AUF DAS WORLD TRADE CENTER, USA, hatte schwerwiegende Folgen für Afghanistan. Der Terroristenführer Osama bin Laden, der als Urheber dieses Anschlags galt, hielt sich in Afghanistan auf und die USA hatten beschlossen, gegen die Länder, die Terroristen beherbergen, genauso vorzugehen wie gegen die Terroristen selbst.
Weitere Informationen über den Konflikt finden sie hier: Konfliktseite USA-Afghanistan

Am 12. September fiel der Anführer der Taliban-Gegner in Afghanistan, Ahmed Schah Massud, einem Mordanschlag zum Opfer. Der "Löwe vom Pandschir-Tal" war die zentrale Figur des Widerstandes gegen die radikal-islamischen Taliban. Sein Tod könnte das Ende der von Massud geführten Nordallianz sein, womit der Machtkampf in Afghanistan zugunsten der Taliban entschieden wäre.

Am 30. September wurde bekannt, dass die Shelter-Now-Mitarbeiter trotz der drohenden amerikanischen Angriffe einen fairen Prozess erhalten sollten. Über das Schicksal der afghanischen Mitarbeiter war nichts bekannt.

2002 Im Oktober kam es im Osten Afghanistans erneut zu heftigen Gefechten zwischen dem Milizenführer Pascha Khan Sadran und den Anhängern von Präsident Hamid Karzai. Sadran drohte die Stadt Khost wieder einzunehmen, aus der er vor einigen Wochen vertrieben wurde. In den von Sadrans Milizen kontrollierten Vororten wurden die Porträts Karzais heruntergerissen. Karzai hatte Sadran Anfang des Jahres zum Gouverneur mehrerer Provinzen ernannt, ihn dann aber entlassen.

Im November teilte eine bislang unbekannte Terror-Organisation "Rote Mudschahedin-Armee" in Afghanistan mit, dass sie mehrere Anschläge auf amerikanische Einrichtungen in Afghanischtan verübt habe. In der Provinz waren wiederholt amerikansche Stützpunkte mit Raketen angegriffen worden. Die "Rote Mudschahedin-Armee" bezeichnete die Regierung des afghanischen Präsidenten Karzei als Marionette des Westens.

2003 Bei den schwersten Kämpfen in Afghanistan (Bagram) seit fast einem Jahr haben US-Truppen nach eigenen Angaben 18 afghanische Kämpfer getötet. Bomber flogen Angriffe gegen Höhlenverstecke der Rebellen in den Bergen nördlich von Spin Boldak im Südosten Afghanistans. Die USA setzten auch Hubschrauber und 200 Mann Bodentruppen ein. Angeblich sollen sich 80 bis 100 Rebellen in den Höhlen versteckt halten. Die USA gingen davon aus, dass es sich um Angehörige der Miliz des früheren Mudschaheddin Gulbuddin Hekmatjar handelte.

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Ende und Folgen des Konflikts:

Die Folgen des Bürgerkrieges waren über eine Million Tote und ein nicht enden wollender Flüchtlingsstrom, der bis zum heutigen Zeitpunkt 2002 anhält. Damit war dies einer der blutigsten Bürgerkriege der Welt. Ein Ende war aufgrund der äußeren Interessen nicht abzusehen, im Gegenteil, die Instabilität der gesamten Region hatte sogar noch weiter zugenommen und das Risiko zusätzlicher Konflikte stieg.

Eine weitere Folge waren die ständigen Menschenrechtsverletzungen im großen Stil. Die Frauen waren durch Gesetze der Taliban völlig entrechtet. Berufsausübung und Schulbesuch waren verboten, völlige Verschleierung und Ausgang nur in männlicher Begleitung waren vorgeschrieben. Da Männer nach den Gesetzen der Taliban weibliche Körper nicht ansehen durften, konnten Frauen in Krankenhäusern mit ausschließlich männlichem Personal nicht behandelt und auch nicht entbunden werden. Den Männern wurde bei Gefängnisstrafe befohlen, sich lange Bärte wachsen zu lassen. Tanz und Musik waren verboten. Hungertod aufgrund der Erwerbslosigkeit oder Tod durch ausbleibende ärztliche Hilfe waren die Folgen.

Nach jahrelangem Krieg lag Afghanistan dann wirtschaftlich völlig am Boden. Straßen und Produktionsstätten, Schulen und Krankenhäuser, Dörfer und Städte waren zerstört.

Die unterschiedlichen Auffasssungen für ein geordnetes Zusammenleben, die unter dem Taliban-Regime und vor allem durch das Taliban-Regime ins Extreme auseinanderdrifteten, führten dazu, dass eine selbstständige Konfliktbeilegung der Afghanen nicht möglich war. Durch den Amerikanisch-Afghanischen Konflikt wurde aber das Taliban-Regime gestürzt und eine langsame Normalisierung der Lebenslage in Afghanistan setzt nun im Jahre 2002 ein.
Genauere Informationen finden Sie auf der Konfliktseite USA-Afghanistan.


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Quellen:

Dingemann: Krisenherde der Welt. Braunschweig: Westermann 1996

Der Spiegel 16/1995

Bertelsmann Universallexikon

Die neue Chronik des 20. Jahrhunderts

Politisches Lexikon Nahost Nordafrika

Handelsblatt: 1996-10-29, 1996-11-01/02, 1996-10-17, 1996-10-24

Das Parlament April 1996

IAP 10/96, 11/96, 1/98, 6/98, 10/98, 11/00, 02/01, 10/01, 11/02, 12/02,

Haller Tagblatt 98-03-07, 98-07-14, 98-09-14, 98-09-17, 01-01-31, 01-02-09, 01-08-01, 01-08-09, 03-01-09

Internet: http://www.koeln-online.de/ai/jb96/afghanis.htm (nicht mehr verfügbar)



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Stand: 15-10-04/21-07-06
Letzter Bearbeiter: Jürgen Gierich
Frühere Bearbeiter: Nicole Hawner (2000/01); Felix Cullin, Jenny Schoonhoven, Miriam Hofelich, JG, Christian Weilach, Florian Würth (2001); Meike Olp, Sarah Hartung, Eva-Maria Keilhofer Marc Ossig, Christian Boesler, GiJ (2002), Jana Schwarz (2003), Evelin Lehmann (2005)
Ursprungsautor: Felix Cullin
Grafik: "Unsere Erde" von Rudas & Karig (Verlag Markt & Technik)
Datei: afghanis/afghan1.htm